Ein kleines Herbsteselmärchen

 

Liebes Glückskind,

vielleicht erinnerst Du Dich an Benjamin und seinen Zwillingsbruder Balthasar – die beiden kleinen Eseljungen? Im Juni erzählte die Glückspost von ihnen. Heute gibt es endlich Neuigkeiten aus Cornacchino. So heißt der Ort in Italien, wo die beiden leben. Benjamin und Balthasar sowie weitere Eseljungen sind nun nicht mehr so klein. Sie haben vieles erlebt diesen Sommer.

Esel sind sehr neugierig und oft sind sie ausgebüxt und einmal sogar fast ins Haus von Ayla eingebrochen, die sie jeden Morgen füttert.

Dort lebt auch die kleine Rosa. Eine Hündin, die Ayla seit diesem Juli auf Schritt und Tritt begleitet. Manchmal schläft sie beim Spazierengehen im Wald einfach ein, weil sie so neugierig die Welt entdeckt und dann ganz plötzlich erschöpft vom Schlaf übermannt wird. Alles ist noch so neu für sie, dass es eine große Freude ist, alles unvoreingenommen zu erkunden.

Viele Zugvögel kamen vorbei, insbesondere die Schwalben. Sie haben hier den Sommer über gebrütet und ihre Jungen großgezogen. Doch langsam verlassen sie diese Breitengrade und ziehen in südlichere Gefilde.

Die Geräusche verändern sich. Das Lied der Grillen wird etwas leiser, das Geräusch der Bäume im Wind verändert sich, weil die Blätter sich färben und unsere Eseljungen galoppieren unbändig über Stock und Stein und necken sich gegenseitig. Die Hitze hat nun abgenommen.

Langsam aber sicher kehrt der Herbst ein. Die Eselherde bekommt das auf ihrer Koppel sehr gut mit, denn es gibt Tage, an denen windet es sehr. Der Wind kommt aus dem Norden und bringt kalte Luft in den Süden Italiens.

„Brrrr…“ sagt Benjamin zu seiner Eselmama Eo. Sie antwortet ihm: „Mach dir keine Sorgen, auch der Herbst hat seine wundervollen Seiten. Eine Eselträne kullert über Benjamins Wange, während er rastlos mit seinem Vorderhuf scharrt. „Ist denn der Sommer nu‘ wirklich vorbei? Schon wieder verändert sich alles. Warum kann es nicht einfach so bleiben, wie es ist?“, fragt Benjamin. Eo blickt amüsiert zu Benjamin. „Na, weil sich immer alles verändert. Das ist das Einzige, das sicher ist. Das weißt du doch schon. Erinnere dich!“

Benjamin antwortet: „Du hast gesagt, dass wir sogar auf eine Winterkoppel kommen. Also, dass wir sogar ein anderes Zuhause haben werden. Stimmt das?“ „Ja, ich denke, ja.“ antwortet die Eselmama. „Oh, ich möchte aber lieber hier bleiben.“ quietscht Benjamin hervor und tritt dabei vor Unlust in die Luft. „Du weißt doch noch gar nicht, wie es dort sein wird. Nur weil du die Koppel noch nicht kennst, heißt das nicht, dass es dort nicht schön ist. Bleib neugierig und außerdem sind wir ja noch eine Weile hier auf unserer Sommerkoppel. Also hier und jetzt. Genieße es, kleiner Benjamin.“ sagt Eo und streichelte mit ihrem weichen Maul über Benjamins Mähne.

„Trotzdem. Ich kenne die Koppel nicht und deswegen mag ich sie nicht.“ bockt Benjamin. „Na, na, na, mein Kleiner. Die unbekannten Sachen, auf die wir oft keine Lust haben, sind oft die Allerschönsten, auf die wir dann in der Zukunft zurückblicken. Es kostet eben Überwindung, das Gewohnte zu verlassen. Ich kenne das selbst sehr gut und jedes Mal wurde ich für meinen Mut, Neues zu erforschen belohnt! Glaube mir, lieber Benjamin. Es gibt so vieles zu entdecken im Herbst:

Sieh mal, wie sich das Licht im September verändert. Die Sonne steht nun tiefer und das Herbstlicht ist dadurch besonders golden. Auch verändern sich die Geräusche und die Gerüche im Herbst und für die Augen gibt es einen ganz besonderen Schmaus.

Der Wald färbt sich nun in bunte Farben und wir sehen all die roten Früchte. Auch in den Gärten ernten wir, was wir gesät haben. Dann fängt die Natur an, sich zurückzuziehen. Und uns wird langes Fell wachsen für den kalten Wind aus dem Norden. Es ist für uns gesorgt mein Kleiner.“ erklärt Eo ihrem Sohn.

„Ja, wie spannend Mutter. Ich erkenne nun, dass jede Jahreszeit eine ganz besondere Qualität hat und vielleicht ist es gar nicht so schlecht, dass sich immer alles verändert….“ sagt der kleine Eseljunge und schnüffelt neugierig neben seinem Bruder auf dem Boden.

„Ja, absolut, lieber Benjamin. Denn dann bleibt es spannend und wir können uns in all der Veränderung selbst neu erforschen!“ sagt Eo und freut sich, dass Benjamin ihren Worten lauscht. „So, wie dem Wind aus dem Norden“, sagt sie kaum merklich.

Und Du, liebes Glückskind?

Was erntest Du diesen Herbst? Vielleicht neue Erfahrungen, Freundschaften oder Konflikte? Alles darf sein. Hast Du Dich getraut, etwas Neues in diesem Jahr zu erleben, genau wie Benjamin und Rosa?

Bestimmt, denke genau nach und schreib es Dir auf!

Sei wachsam und erkunde den Herbst in und um Dir herum!

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Ein Beitrag von Isabelle Zahradnyik für PA/SPIELkultur e.V.

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